Der neue Roman der Bachmann-Preisträgerin Maja Haderlap wurde von der Jury des Österreichischen Buchpreises 2023 als „ein tief bewegender Roman von großer poetischer Kraft“ beschrieben – und das trifft es ziemlich gut.
Mira, die vor vielen Jahren vom Land nach Wien zum Studium aufgebrochen ist und sich dort ihr Leben aufgebaut hat, macht sich auf den Weg zurück in ihr Heimatdorf in Südkärnten – dort soll sie den Umzug der Mutter in ein Altersheim vorantreiben. Der Aufenthalt in der alten Heimat wird zu einer Reise in die Vergangenheit und in ihre Kindheit, die geprägt war von Schuld und Scham. Erinnerungen brechen auf – an den strengen Rahmen der katholischen Erziehung, an das Gefühl der Ausgrenzung als Angehörige der slowenischen Minderheit, an das Geheimnis um ihre Tante, die als Partisanin nach Jugoslawien ging und nicht mehr zurückkehrte, und an den frühen Tod des Vaters, für den sich Mira immer verantwortlich fühlte – und für den auch die Mutter ihr damals die Schuld gab. Die Mutter steht dann auch im zweiten, monologisch gehaltenen Teil des Buches im Mittelpunkt, als Vertreterin einer Frauengeneration auf der Suche nach ihrer Identität zwischen Tradition und Emanzipation.
„Nachtfrauen“ ist ein großartiger Familienroman in historisch-politischem Kontext, der von Verlust, Schweigen und Schuld erzählt, aber auch von Respekt, Verzeihen und Liebe.